Das Paderborner Positionspapier

Die Arbeitsgemeinschaft der kirchlichen Museen und Sammlungen

Die 1958 gegründete Arbeitsgemeinschaft der Kirchlichen Museen und Schatzkammern ist die gemeinsame Plattform musealer Einrichtungen in kirchlicher Trägerschaft unabhängig von Konfession oder Größe in Deutschland, Österreich und der Schweiz sowie von interessierten kirchlichen Museen aus Südtirol, Ungarn, Belgien und den Niederlanden.

Die Arbeitsgemeinschaft ist Sprachrohr, Netzwerk und Ort des fachlichen Austausches der kirchlichen Museen und Schatzkammern untereinander und der dort tätigen Personen. Sie leistet Hilfe zur Selbsthilfe in allen Belangen der kirchlichen Museumsarbeit. Wichtig ist der Arbeitsgemeinschaft die Kontaktpflege zu den Bischofskonferenzen, evangelischen Landeskirchen, zu Kolleginnen und Kollegen anderer Fachbereiche (Kirchliche Inventarisatorinnen und Inventarisatoren, EuropaeThesauri, Denkmalpflege, …) und zu Museen und Kultureinrichtungen in nichtkirchlicher Trägerschaft.

Die Kirchlichen Museen und Schatzkammern

Begründet im Selbstverständnis ihrer kirchlichen Trägerschaft und deren Verkündigungsauftrag erfüllen kirchliche Museen und Schatzkammern über ihre fachspezifischen Museumsaufgaben hinaus eine bedeutende pastorale Funktion. In ihrer Arbeit orientieren sich die kirchlichen Museen in musealen Belangen an den Museumsstandards des internationalen Museumsrates ICOM – International Council of museums, wie sie in den Ethischen Richtlinien für Museen von ICOM1Ethische Richtlinien für Museen von ICOM, 2006 (engl. ICOM Code of professional Ethics, 1986; ergänzt 2001, revidiert 2004; dt. Übersetzung 2006): ICOM_Ethische Richtlinien_D_01_03_10.indd (icom-deutschland.de) festgelegt sind. Darüber hinaus ist für die inhaltlichen Belange der kirchlichen Museen das Rundschreiben „Die pastorale Funktion der kirchlichen Museen“2Päpstliche Kommission für die Kulturgüter der Kirche: Die pastorale Funktion der kirchlichen Museen, Rundschreiben, 15. August 2001: Die pastorale Funktion der kirchlichen Museen wegweisend.
Kirchliche Museen und Schatzkammern stehen für die Sammlung, die Erhaltung, wissenschaftliche Forschung, öffentlichkeitswirksame Präsentation und Vermittlung der kirchlichen Kulturgüter sowie für die bewusste Verantwortung der Kirchen zur nachhaltigen Bewahrung christlich-religiöser Zeugnisse in unserer Gesellschaft als Symbole ihrer christlichen Prägung. Darüber hinaus fördern sie durch gezielte Ankaufs- und Ausstellungstätigkeit das zeitgenössische Kunstschaffen mit religiös inspirierten Inhalten.

Zielgruppen

Kirchliche Museen und Schatzkammern sind einerseits Wissensspeicher sowie andererseits Begegnungs-, Lern-, Erfahrungs- und Handlungsorte im Kontext unseres christlichen Kulturerbes.
Kirchliche Museen und Schatzkammern wenden sich besonders an

  • interessierte Menschen jeglichen Glaubens, jeglicher Kultur und jeglichen
    Bildungshintergrundes
  • Menschen auf der Suche nach kulturellen und spirituellen Wurzeln.
  • Menschen, die in Gemeinschaft kirchliche Museen besuchen möchten
  • Kulturtouristinnen und Kulturtouristen

Arbeitsweise/Wirkungsweise

Kulturelle und pastorale Vermittlungstätigkeit bilden die Hauptgrundlage der Tätigkeiten der kirchlichen Museen und Schatzkammern als Erinnerungs-, Erlebnis- und Diskussionsräume im Hier und Jetzt. Sie stellen Fragen in den Lebenswelten und geben Impulse, um die tiefe Bedeutung unserer Existenz zu verstehen. Kirchliche Museen besitzen gegenüber dem Kirchenraum eine größere „Neutralität“ und dienen daher auch als Experimentierfelder für die in der zeitgenössischen Kunst sich manifestierenden Gespräche zu religiösen und künstlerischen Fragestellungen und Sichtweisen.
Kirchliche Museen leisten einen Beitrag zur Förderung von Dialog zwischen Kulturen, schaffen Raum für Nachdenklichkeit. Sie unterstützen als kirchliche Einrichtungen Menschen auf der Suche nach Sinn.

Kirchliche Museen arbeiten dabei

  • menschlich und partizipativ
  • niederschwellig und zeitgemäß
  • kompetent und planvoll
  • didaktisch
  • szenografisch und attraktiv
  • synergetisch und vernetzt
  • authentisch und glaubwürdig.

Kirchliche Museen und Schatzkammern streben danach, die Suche der Zivilgesellschaft
nach

  • Zugehörigkeit und Wurzeln,
  • Orientierung und Verortung,
  • Schönheit und Ästhetik sowie
  • Spiritualität und Transzendenz zu begleiten und Antwortimpulse anzubieten.

Kirchliche Museen und Schatzkammern

  • haben ihren Wirkungsradius innerhalb und außerhalb der Museumsmauern,
  • verbinden Vergangenheit und Gegenwart durch attraktive Ausstellungen und Veranstaltungen
  • öffnen der Kunst neue Räume
  • schaffen Raum für Auseinandersetzung und Diskurs durch provokante und mutige Interventionen
  • sind einladende Orte der Orientierung, Einordnung und geben Basis und Sicherheit
  • bieten neutrale Räume und außergewöhnliche Objekte für Denkprozesse und Diskussionen von Glaube, Leben, Kunst und Gemeinschaft
  • eröffnen neue Blickwinkel, Horizonte und Dimensionen
  • positionieren sich als Gegenorte angesichts der Trends von Beschleunigung, Unruhe und Getriebenheit
  • bringen die christliche Kirche der Zivilgesellschaft erneut/verstärkt ins Bewusstsein
  • und stellen Verknüpfungen zum örtlichen und überörtlichen Tourismus her

Notwendige Unterstützungen

Kirchliche Museen und Schatzkammern brauchen daher

  • einen ausreichend großen Mitarbeiterstab
  • hohe fachliche Qualifikation der Mitarbeitenden für die vielfältigen Arbeitsbereiche
  • den ideellen und vor allem finanziellen Rückhalt der Trägerorganisationen, um Ausstellungen, Vermittlungsprogramme, aber auch Sammlung, Kunstguterhaltung und Forschung qualitativ fundiert und im notwendigen Maß durchführen zu können
  • die gleichberechtigte Einbindung in die kulturellen Fachbereiche der Trägerinstitutionen
  • eine enge Zusammenarbeit mit pastoral Verantwortlichen sowie den kollegialen Austausch mit anderen Fachbereichen des Kultursektors in und außerhalb der Trägerorganisation
  • auf Nachfrage die ergänzende Kompetenz durch externe Fachleute, wie Theologen, Katecheten oder andere Fachleute

Bedeutung und Nutzen

Der Nutzen von kirchlichen Museen und Schatzkammern liegt

  • in ihrer kulturellen und pastoralen Arbeit sowie ihrer offen in die Gesellschaft wirkenden Vermittlung von Glaubensinhalten, Glaubenswissen, religiösem Brauchtum und Frömmigkeitsgeschichte
  • in der kunst- und kulturhistorischen Deutung der ausgestellten Objekte mit dem expliziten Verweis auf die Bedeutung in theologischer oder glaubenskundlicher Hinsicht (Themenführerschaft)
  • in der Bewahrung und wissenschaftlichen Erforschung von national und international bedeutenden Kulturgütern
  • im Selbstverständnis der musealen Einrichtung, der in Themenbearbeitungen Distanz und Nähe sowie Wissen und Skepsis zugesprochen wird, um Fehldeutungen und Instrumentalisierungen vorzubeugen
  • in der Möglichkeit, kirchliche Objekte in einen offenen Austausch und in kulturübergreifende Diskurse einzubringen
  • in ihrer hohen Kompetenz für Sammlung, Bewahrung, Präsentation und Deutung kirchlicher Gegenstände und Glaubenszeugnisse
  • in der großen Strahlkraft und den positiven Botschaften dieser besonderen Institutionen innerhalb der Gesamtorganisation „Kirche“ in der Gegenwart
  • in ihrer Funktion als unverwechselbare, identitätsstiftende Orte innerhalb einer weitgehend säkularisierten und kommerzialisierten Umgebung (dies betrifft vor allem in Innenstädten gelegene kirchliche Museen bzw. Domschätze).

Kirchliche Museen und Schatzkammern sind ein „Freiraum“ der Kirche hin zur und für die Gesellschaft. Sie gestalten diesen Freiraum mutig mit Kraft, Ideen und Selbstbewusstsein. Kirchliche Museen und Schatzkammern machen so das Anliegen der Kirchen sichtbar, Menschen auf ihrem Lebensweg bestmöglich zu begleiten.


Kirchliche Museen und Schatzkammern sind unverzichtbarer Bestandteil des kulturellen Lebens eines jeden Landes mit einer herausragenden Vermittlungsfunktion.

  1. Mai 2023
    Die Mitglieder der
    Arbeitsgemeinschaft der kirchlichen Museen und Schatzkammern


Dieses Positionspapier der Arbeitsgemeinschaft der Kirchlichen Museen und Schatzkammern entstand aufgrund der Vorarbeit bei der Jahrestagung 2022 in Paderborn und wurde von den Mitgliedern zur Jahrestagung in Freising am 22. Mai 2023 als Positionspapier approbiert.